Resilienz bedeutet weit mehr als das bloße “bouncing back” nach oder “abfedern” von Krisen und Rückschlägen. Es geht darum, auf Veränderungen vorbereitet zu sein und auch unter Druck zuverlässig zu agieren. Kein Unternehmen agiert im luftleeren Raum. Gerade in einer vernetzten Wirtschaft ist die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Unternehmens untrennbar mit der Zuverlässigkeit von Lieferanten, Dienstleistern und Partnern verbunden. Deshalb ist Resilienz nicht nur eine Einzelleistung eines Unternehmens, sondern das Ergebnis eines gemeinsamen, strategischen Vorgehens quer durch das gesamte Unternehmensökosystem sein.
Nachhaltige Widerstandsfähigkeit entsteht nicht durch kurzfristig orientiertes, rein transaktionales Handeln. Wer sich auf den Preis als einzige Entscheidungsgrundlage verlässt, gefährdet die eigene Stabilität. Vertrauensvolle und langfristige Partnerschaften waren und sind, insbesondere im deutschen Mittelstand, der Grundstein für jahrzehntelangen Erfolg und Widerstandsfähigkeit.
Verständnis von kollaborativer Resilienz
Traditionell wird Resilienz als interne Unternehmensstärke aufgefasst. Allerdings genügt das in einer eng verzahnten Wertschöpfungskette nicht mehr. Kollaborative Resilienz beschreibt das gemeinsame Bewältigen und Antizipieren von Krisen: Unternehmen unterstützen sich gegenseitig, um Risiken zu erkennen, Hürden zu überwinden und schwierige Zeiten zu meistern.
Kollektives, partnerschaftliches Handeln erlaubt es, schneller auf Störungen oder Verwerfungen zu reagieren, Wissen und Ressourcen effektiv zu bündeln und tragfähige, vertrauensvolle Beziehungen zu etablieren.
Gemeinsam(e) Risiken und geteilte Verwundbarkeiten erkennen
Unternehmen bewegen sich in einem Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten. Einzelne Störungen wie Naturkatastrophen, politische Krisen oder Cyberattacken können sich schnell auf das gesamte Partnernetzwerk ausweiten. Gemeinsames Risikomanagement wird zum zentralen Pfeiler – insbesondere da jüngste Ereignisse wie Pandemien, Handelskonflikte, Cyberattacken oder neue Regulierungen ganze Branchen gleichzeitig vor Herausforderungen stellen.
Was sind die Bausteine für eine kollaborative Resilienz?
Offene, vertrauensvolle Kommunikation verbunden mit klaren Krisenprotokollen ist essenziell – insbesondere während und nach Störungen.
Risiken sollten gemeinsam identifiziert und regelmäßig in Krisensimulationen durchgespielt werden, um gezielt auf Verbindungsstellen und Schwachpunkte der Zusammenarbeit reagieren zu können.
Resilienz besteht nicht im bloßen Informationsaustausch. Es braucht klare Übereinkünfte für den Krisenfall und die Bereitschaft, Ressourcen wie Logistik oder Personal partnerschaftlich zu teilen.
Klare Rollen und Entscheidungswege sind wichtig: das notwendige Fundament bildet jedoch Vertrauen, das nur durch Verlässlichkeit und langjährige, nicht nur auf Transaktionen ausgelegte Beziehungen entsteht.
Eine Kultur der Resilienz fördern
Resilienz gedeiht durch das Engagement der Mitarbeiter und die Führungsstärke des Managements. Eine resiliente Unternehmenskultur entwickelt sich nicht nebenbei – sie muss aktiv gelebt und gefördert werden. Führungskräfte sind gefordert, Resilienz zum strategischen Ziel zu machen und regelmäßig durch Trainings und Notfallübungen vorzuleben.
Partnerschaften auf Augenhöhe, gemeinsame Ziele und gegenseitiges Verständnis schaffen die Motivation für langfristige Investitionen in die gemeinsame Widerstandsfähigkeit. Gerade in Zeiten, in denen die zu erwartende Frequenz von Krisen und Verwerfungen der eines Hockey-Sticks ähnlich zu sein scheint.
Wie messe ich kollaborative Resilienz?
Um Fortschritte sichtbar zu machen, empfiehlt sich ein systematisches Monitoring gemeinsamer Resilienzindikatoren. Hier denke ich insbesondere an die Geschwindigkeit der Wiederherstellung nach Störungen, die Effektivität gemeinsamer Notfallmaßnahmen, die Regelmäßigkeit und Qualität gemeinsamer Risikobewertungen und die konsequente Verbesserung auf Basis vergangener Erfahrungen, Simulationen und Trockenübungen.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Hemmnisse wie Wettbewerbsängste (z.B. beim Teilen sensibler Informationen) können durch solide Vertraulichkeitsvereinbarungen und kontinuierliche Vertrauensarbeit überwunden werden. Kostenbedenken werden durch das klare Aufzeigen langfristiger Mehrwerte relativiert.
Die Synchronisierung gemeinsamer Maßnahmen ohne Störung des Tagesgeschäfts verlangt nach klaren Zielbildern, eindeutigen Verantwortlichkeiten, und strukturierter Kommunikation.
Zu guter Letzt
Widerstandsfähigkeit, Resilienz, ist kein Zustand, sondern ein laufender, geteilter Prozess. Die Fixierung auf kurzfristiges, reines Preisscreening mag kurzfristig Vorteile bringen, erweist sich aber auf lange Sicht als nicht tragfähig. Echter Wettbewerbsvorteil und nachhaltige Sicherheit resultieren aus Netzwerken, deren Stärke auf Vertrauen, Partnerschaft und der gemeinsamen Bereitschaft zum Durchhalten beruht.
Gerade der deutsche Mittelstand hat mit seiner sprichwörtlichen „Handschlagmentalität“ und partnerschaftlicher Netzwerkkultur jahrzehntelang gezeigt, wie Vertrauen und Widerstandsfähigkeit entsteht – basierend auf dem Willen, gemeinsam mit ausgesuchten Partnern langfristig zu wachsen und Krisen zu meistern.